Image credit: Geschichten aus dem Wiener Wald
"Geschichten aus dem Wiener Wald" von Ödön von Horvath
Horváth überzeichnet nicht, das Stück ist keine Satire, er schaut dem ‚Volk auf’s Maul‘ und bildet Realität ab. „Ich schreibe nicht gegen, ich zeige es nur… Ich schreibe allerdings auch nie für jemand, und es besteht die Möglichkeit, dass es dann gleich, gegen’ wirkt. Ich habe nur zwei Dinge, gegen die ich schreibe, das ist die Dummheit und die Lüge. Und zwei, wofür ich eintrete, das ist die Vernunft und die Aufrichtigkeit.“
Das Bild einer Gesellschaft, die mit ihrem Antisemitismus, Nationalismus, Rassismus und herabwürdigen Frauenbild schon bald das größte Wählerpotential der Nationalsozialisten darstellt und den Anschluss an das Deutsche Reich 1938 begeistert begrüßen wird. Hinter süßer Walzerseligkeit, weinseliger Heurigenstimmung und Wiener Gemütlichkeit steckt in Wahrheit die Bosheit, Grausamkeit und menschliche Unzulänglichkeit spießiger Kleinbürger, die sich auch später, als Mitläufer eines Terrorregimes keiner Schuld bewusst sein werden. Es gibt keine Sympathieträger, die einzig naive Idealistin ist das Opfer Marianne, ihre ‘Dummheit‘ ist es, an die wahre Liebe zu glauben und muss natürlich kläglich scheitern. ‚Nichts gibt so sehr das Gefühl der Unendlichkeit als wie die Dummheit‘, stellt Horváth dem Stück als Motto voran. Alle Charaktere leben in einer selbstgerechten, verlogenen und vor allem klischeehaften Wirklichkeit, sie verstecken sich hinter der Fassade der Unverantwortlichkeit und der Ausrede. ‚Ich bin eigentlich ganz anders, aber ich komme so selten dazu‘, sagt einer der Charaktere in Horváth‘s Stück ‘Zur schönen Aussicht‘. Die Dummheit bei Horvath ist auch der Wille zur Ignoranz, der Rechthaberei und der Brutalität.