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SPOON AGENCY präsentiert
Pantha Du Prince plays Conference of Trees
Veranstaltungsort: Flex
Augartenbrücke 1, 1010 Wien, Österreich
Beginn: 20:00 Uhr
Künstler: Pantha Du Prince plays Conference of Trees

PANTHA DU PRINCE - CONFERENCE OF TREES

Mit „Conference Of Trees“ veröffentlicht Hendrik Weber sein sechstes Album als Pantha du

Prince (wenn man von Remix-, bzw. Versions-Alben absieht). Und wie man es von ihm

gewohnt ist, ist es ein Konzeptalbum. Anders wäre es für ihn, der sich zwischenzeitlich auch

schon überlegt hat, sich ganz von der Musik zu verabschieden, wohl gar nicht denkbar. Aber:

„Wenn man ein gutes Thema hat, dann wird man getragen“, sagt er.

Ein gutes Thema bedeutet für Hendrik ein umfassendes Research. Bäume und Wälder sind

für ihn seit der Kindheit ein wichtiges Interessensgebiet, Begeisterung und Faszination, aber

auch eine Portion Wissen waren bei ihm also schon da. Die weitere Beschäftigung mit dem

Thema brachte ihn zu den Arbeiten von Fred Hageneder („Der Geist der Bäume“ – „sehr

fundierte Esoterik“, so Hendrik), Erwin Thomas („Die geheime Sprache der Bäume“) und

Suzanne Simard („How Trees Talk To Each Other“) und schließlich Fariduddin Attar, einem

Sufi-Mystiker aus dem 12. Jahrhundert, zu dessen Hauptwerken die Erzählung „Die

Konferenz der Vögel“ gehört. So entstand ein Bild der Kommunikation zwischen Bäumen und

der Vielstimmigkeit von Wäldern. In naturnahen Kulturen ist diese Kommunikation immer

Teil der Kosmologie gewesen, der Respekt vor Bäumen und Wäldern entsprechend groß. In

der westlichen Moderne geriet dieses Wissen in Vergessenheit und stand dem Willen, sich

die Erde untertan zu machen, entgegen. Nun werden diese verschütteten Erkenntnisse unter

anderem von Zellbiologen wieder ans Tageslicht gebracht. In Zeiten der Klimakrise finden

sich hierin womöglich alternative Wege, der drohenden Katastrophe entgegen zu wirken.

Dafür wäre es sinnvoll, in einen Dialog mit den Bäumen zu treten. „Conference Of Trees“

symbolisiert einen solchen Austausch, indem es für die Kommunikation der Bäume eine

musikalische Sprache sucht. Auf höchst unterschiedlichen Instrumenten – vom klassischen

Cello, über jede Menge Klanghölzer und Glocken in unterschiedlichen Stimmungen bis zu

selbstgebauten Instrumenten und Elektronik – schufen Weber und seine vier Mitmusiker

eine zehnteilige Suite, die das Ergebnis eines Austauschs auf verschiedenen Ebenen ist:

Austausch zwischen einzelnen Musikerpersönlichkeiten genauso wie Austausch zwischen

440-Hz- und 429-Hz-Tunings, unterschiedlichen Herangehensweisen an Instrumente, ja

Klangerzeugung generell. Die Musik ist von der ersten Sekunde an hoch intensiv und

permanent in Entwicklung, rollt machtvoll voran wie eine Welle über den Ozean. Dabei

entfaltet sich ein Kosmos an Details und auch wenn sich die klangliche Charakteristik von

Stück zu Stück ändert, bleibt die Struktur die ganze Zeit über dialogisch.

Das Album beginnt mit einem geradezu überwältigenden Schönklang, mit reicher, satter

Entspanntheit, und wird dann langsam immer aufgeregter. Es dauert nicht lang und man hat

das Gefühl, sich in einer leidenschaftlichen Debatte zu befinden. In „Holding the Oak“

kommt eine gewisse Verstörung hinzu, irgendwo in weiter Ferne sind Stimmen zu

vernehmen, die tiefenentspannte Idylle ist nunmehr einer fast düsteren Besorgtheit

gewichen. Ab „When we talk“ kommt den (menschlichen) Stimmen immer mehr Gewicht zu,

das Ganze bekommt eine urbane Note, nicht zuletzt durch Hinzunahme einer Kick – und

dem geneigten Hörer mag einfallen, dass Pantha du Prince ja auch ein Club-act ist. Nun

erreicht die „Conference Of Trees“ ihr höchstes Energielevel, metallene Klänge, vor allem

Glocken bestimmen die Musik, die sich über Kick-Beats schichtet. „Supernova Spacetime

Drift“ ist mit seiner Melodiosität über dem vorwärts treibenden Beat der heimliche Hit und

der einem Pop-Publikum womöglich zugänglichste Track des Albums. Danach beruhigt sich

die Konferenz langsam wieder und klingt schließlich aus mit metallenen Interferenzen, die

bei aller Reibung nicht gegeneinander wirken, sondern eher ein unkonventionelles

Miteinander darstellen könnten. In gewisser Weise wird man zurück zum Anfang geführt,

aber nun ist alles anders. Und das gilt auch für den Hörer: Man kommt aus diesem

Klangerlebnis anders heraus, als man hineingetaucht ist.

Zur Verwirklichung der „Conference Of Trees“ hat Hendrik Weber ein höchst diverses

Quartett um sich versammelt, „ein guter, stabiler, dem Klimawandel trotzender Mischwald“,

wie er befindet: Håkon Stene ist Professor für Percussion an der Hochschule für Musik in

Freiburg, außerdem Forscher, Produzent und Künstler, der u.a. mit dem Ensemble Modern,

der London Sinfonietta, asamisimasa und auch schon mit Pantha du Prince zuvor gearbeitet

hat. Letzteres gilt auch für den Perkussionisten Bendik Hovik Kjeldsberg, der als Schlagzeuger

mit etlichen norwegischen Musiker*innen gespielt hat, außerdem Musik für Tanz- und

Theaterperformances und Filme komponiert hat. Friedrich Paravicini ist als Solokünstler und

Studio- bzw. Live-Begleitmusiker u.a. bei Lou Reed, Herbert Grönemeyer, Tocotronic und

Jochen Distelmeyer in Erscheinung getreten. Manuel Chittka schließlich hat als Schlagzeuger

bei Messer, Kreidler und Phantom Horse gespielt, aktuell tut er dies vornehmlich bei

Jungstötter.

Die im Konzept angelegte Vielstimmigkeit spiegelt sich nicht nur in der Auswahl der

beteiligten Musiker, sondern auch in der Produktionsweise wieder: Einerseits ist die

„Conference Of Trees“ ein Zurück zum Aufnehmen im Ensemble gespielter Musik, teilweise

bei Konzerten live mitgeschnitten. Andererseits ist es vor allem ein Patchwork

unterschiedlicher Musikproduktionspraktiken: Home Recordings, Studioaufnahmen,

Computerbearbeitungen und -produktionen. Bei der Montage dieser diversen Quellen

verfolgte Hendrik das Ziel, „eine Schönheit zu finden, die in ihrer Tiefe bestehen kann und

nicht gleich beim zweiten Hingucken wieder verfliegt oder klebrig wird. Eine Form präziser

Reinheit, die trotzdem organisch bleibt – nicht wie sonst bei Pantha du Prince manchmal:

mit der Rasierklinge und etwas kalt.“ Durch das enge Zusammenwirken im Ensemble ist die

Organisation des entstandenen Ganzen, „noch weniger hierarchisch als sonst.“

Was haben uns die Bäume also zu sagen? „Die zentrale Botschaft ist: Alles ist miteinander

verbunden. Wenn man das kapiert hat, erschließt sich so Einiges. Der Planet ist ein

Nervensystem, das seit einiger Zeit unter Stress steht. Jetzt müssen wir es aus dem

Stressmodus rausführen, erstmal Ruhe und Gelassenheit einkehren lassen. Aber ändern

müssen wir schon Einiges.“

Detlef Diederichsen